Übertragungs- / Schenkungsverträge
1. Was ist ein Übertragungsvertrag / Übergabevertrag?
Als Übertragungsvertrag oder Übergabevertrag - hier haben sich mehrere Bezeichnungen durchgesetzt - bezeichnet man einen Schenkungsvertrag, der auf die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück oder eines Miteigentumsanteils an einem solchen gerichtet ist. Oft wird insoweit auch von einer "Schenkung mit warmer Hand" oder einer "vorweggenommenen Erbfolge" gesprochen.
Während der Begriff der Schenkung oder der lebzeitigen Zuwendung also eher allgemein gehalten ist und z.B. auch die Überlassung von Geld oder sonstigen Gegenständen betrifft, wird der Begriff des Übertragungsvertrages im Regelfall spezifisch für den Anwendungsbereich der Grundstücksschenkung verwendet. Alle Formen der Schenkungen zeichnen sich dabei dadurch aus, dass sie unentgeltlich, also nach dem Willen aller Beteiligten ohne Gegenleistung, erfolgen.
2. Welchen Vorteil haben lebzeitige Zuwendungen?
Alle Formen lebzeitiger Zuwendungen, also sowohl Grundstücksübertragung als auch die Überlassung anderer Vermögenswerte, sind ein wertvolles Mittel zur Umsetzung einer effektiven "asset protection", also eines wirksamen Schutzes des Familienvermögens. Dies erscheint auf den ersten Blick einigermaßen paradox, da ein Schenkungsvertrag sich gerade durch eine unentgeltliche Vermögensübertragung auszeichnet. Der Gedanke, dass das Verschenken von Vermögenswerten Vermögensvorteile gewähren soll, zeigt sich erst auf den zweiten Blick, nämlich v.a. dann, wenn man den Vermögensübergang durch einen Todesfall in den Blick nimmt. Der Gesetzgeber hat sowohl Schenkungen als auch Erbfälle im Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) mit einer Besteuerung versehen. Hierbei sind - je nach Nähe des Verwandtschaftsverhältnisses zwischen den Beteiligten - verschiedene Steuersätze und Freibeträge vorgesehen. Maximal greift derzeit ein Freibetrag i.H.v. € 500.000,00 (für Ehegatten und Lebenspartner i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes) ein. An dieser Stelle zeigt sich der große Vorteil der lebzeitigen Zuwendung. Da sich der Freibetrag nach dem ErbStG alle 10 Jahre "erneuert" und ein von Neuem voll ausgenutzt werden kann, lassen sich durch frühzeitige Übertragung von Vermögenswerten bestenfalls spätere Erbschaftssteuern vollständig vermeiden. Die lebzeitige Übertragung von Vermögenswerten kann also verhindern, dass im Erbfall das gesamte Vermögen des Erblasser auf dessen Rechtsnachfolger übergeht und dadurch Freigrenzen überschritten werden.
Sinnvollerweise sollte zugleich auch das Testament auf eine steuerliche Optimierung ausgerichtet sein.
Während der vorgenannte Vorteil die Schenkung im Allgemeinen betrifft, liegt ein weiterer Vorteil der Grundstücksschenkung im Speziellen darin, dass diese in bestimmten Konstellationen sogar die Freibeträge unangetastet lässt. So sieht das Schenkungssteuerrecht in § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG besondere Regelung vor: Die Schenkung des Familienheims, also des einer eigenen Nutzung unterliegenden Grundstücks, kann unter Ehegatten sogar von der Schenkungssteuer ausgenommen sein.
Auch ist zu sehen, dass eine Schenkung grundsätzlich den Vorteil haben kann, dass sie pflichtteilsvermeidend wirkt. Hintergrund ist, dass lebzeitige Schenkungen i.d.R. nur für einen Zeitraum von 10 Jahren zu Pflichtteilsergänzungsansprüchen der Pflichtteilsberechtigten führen, wohingegen das zum Erbfall noch vorhandene Vermögen grundsätzlich stets in die Berechnung des Pfichtteilsanspruches einfließt. Es reduziert sich der Anspruch bei lebzeitigen Schenkungen innerhalb der 10 Jahre sogar jedes Jahr um ein Zehntel (sog. "Abschmelzungsfrist"). Bei Schenkungen, die früh genug vor dem Erbfall stattfinden, zeigen sich also ggf. pflichtteilsvermeidende Wirkungen.
Zu beachten ist allerdings, dass dieser Vorteil nicht in jedem Falle eingreift (z.B. nicht bei einer Übertragung unter Ehegatten oder bei Vorbehalt weitreichender Nutzungsrechte, wie z.B. Nießbrauch). Eine umfassende Beratung über die Vor- und Nachteile einer Schenkung im Hinblick auf die konkrete Vermögens- und Familiensituation ist deshalb unerlässlich. Auch sind teilweise sozialrechtliche Fragestellungen (z.B. Höhe des zulässigen Schonvermögens, mögliche Rückforderung durch den Sozialhilfeträger) zu beachten.
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3. Sieht ein Schenkungsvertrag eine besondere Form vor?
Grundsätzlich ist jede Schenkung nach § 518 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) notariell beurkundungspflichtig. Das Gesetz macht insoweit grundsätzlich keine Unterscheidung nach der wirtschaftlichen Bedeutung der Schenkung, sodass dieses Erfordernis grundsätzlich immer gilt. Praktisch wird das Beurkundungserfordernis - v.a. im Bereich wirtschaftlich geringfügiger Schenkungen - dennoch naturgemäß selten erfüllt. Da durch den Vollzug der Schenkung, also die Überlassung des verschenkten Gegenstandes an den Beschenkten, der Formverstoß geheilt wird (§ 518 Abs. 2 BGB), ist ein Verzicht auf die Beurkundung auch i.d.R. folgenlos. Dies gilt v.a. bei der sog. "Handschenkung", bei der der Schenkungsvertrag und dessen Erfüllung durch Überlassung des geschenkten Gegenstandes unmittelbar zusammenfallen.
Liegt allerdings zwischen Schenkungsvertrag und der beabsichtigten Erfüllung des Vertrages in Form der tatsächlichen Überlassung des verschenkten Gegenstandes ein längerer Zeitraum, sollten sich die Beteiligten des Vertrages bewusst sein, dass wegen der gesetzlich vorgesehenen Beurkundungspflicht nur ein notariell beurkundeter Schenkungsvertrag eine rechtssichere Gestaltung ist, die dem Beschenkten einen durchsetzbaren Anspruch auf Erfüllung des Schenkungsvertrages gewährt. Andernfalls unterliegt der Schenker im Regelfall schon wegen der Formnichtigkeit (§ 125 BGB) des Vertrages nicht der Verpflichtung, den Gegenstand auch tatsächlich zu überlassen. Insbesondere bei wirtschaftlich bedeutenden Schenkungen sollte deshalb - nicht zuletzt auch wegen der begleitenden Beratung - der Notar aufgesucht werden.
Eine weitere Besonderheit gilt bei der Grundstücksschenkung: Im Rahmen von Übertragungsverträgen ist zwingend und in jedem Falle die Beteiligung eines Notars erforderlich, um die Schenkung umzusetzen. Neben dem allgemeinen Beurkundungserfordernis bei Schenkungen (s.o.), ergibt sich die Mitwirkungsnotwendigkeit des Notars hier auch aus § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB. Dieser Paragraph sieht vor, dass bei Verträgen, die auf Übertragung / Erwerb eines Grundstückes gerichtet sind, eine notarielle Beurkundung erforderlich ist. Zwar sieht auch § 311 b Abs. 1 S. 2 BGB eine Heilungsmöglichkeit im Falle des Vollzugs der Schenkung vor. Hier ist jedoch zu beachten, dass der Vollzug einer Immobilienschenkung sich nicht einfach durch Übergabe der Schlüssel vollzieht. Vielmehr ist neben der Einigung der Beteiligten eine Eintragung des Beschenkten im Grundbuch erforderlich, damit der Eigentumswechsel stattfindet . Das Grundbuchamt wird jedoch im Rahmen einer Grundstücksübertragung lediglich auf Antrag eines Notars (§ 13 Abs. 1 S. 3 GBO - Grundbuchordnung) und aufgrund notariell beurkundeter Auflassungserklärung (§§ 20, 29 GBO) tätig werden.
4. Kann ich mich bei einer Grundstücksschenkung als Schenker absichern?
Dass eine Schenkung, v.a. wenn es sich um ein Grundstück handelt, eine gewichtige wirtschaftliche Entscheidung ist, liegt auf der Hand. Der Schenkende sieht sich deshalb nicht selten einem Dilemma ausgesetzt: Einerseits sollen aus den oben aufgezeigten Gründen Freibeträge steuerlich sinnvoll ausgenutzt werden und früzeitige Schenkungen umgesetzt werden, andererseits bedeutet die Schenkung auch ein Risiko, weil die Immobilie einen hohen Wert verkörpert und der Schenker diese ggf. sogar noch selbst weiter nutzen möchte.
Dieses Spannungsverhältnis kann mit einer guten notariellen Beratung allerdings i.d.R. aufgelöst werden. Das Gesetz bietet verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten, um eine ungesicherte Überlassung eines Grundstückes effektiv zu vermeiden.
Auszugsweise können hier z.B. genannt werden:
a) Nießbrauch / Wohnungsrecht / Wohnrecht
Es ist nicht selten, dass die Personen, die ein Grundstück der Steuervorteile wegen lebzeitig auf die Folgegeneration übertragen möchten, dieses weiterhin selbst nutzen wollen. Das Eigentum an dem Grundstück soll also bereits auf die Kinder oder sonstige Begünstigte übertragen werden, der Besitz und die Nutzungsrechte sollen aber zunächst bei den Schenkern verbleiben. In derartigen Konstellationen bietet sich i.d.R. eine Vereinbarung eines Nießbrauchs oder eines Wohnungsrechts zu Gunsten der Veräußerer an. Diese Rechte werden - um einen weitreichenden Schutz zu gewährleisten - sogar in das Grundbuch eingetragen.
Der Nießbrauch (§ 1030 ff. BGB) ist dabei das umfassendste Nutzungsrecht, das dem Nießbrauchberechtigten nicht nur die eigene Nutzung ermöglicht, sondern z.B. auch die Vermietung. Die Mieteinnahmen würden bei Vermietung durch den Nießbrauchsberechtigten grundsätzlich dem Nießbrauchsberechtigten zustehen.
Eine weniger weitreichende Nutzungsmöglichkeit wäre ein vorbehaltenes Wohnungsrecht (§ 1093 BGB): Das Wohnungsrecht gewährt dem Berechtigten die Möglichkeit das Grundstück, bzw. die darauf befindliche Immobilie - je nach konkret vereinbarter Reichweite - unter Ausschluss des Eigentümers zu nutzen.
Vom Wohnungsrecht zu unterscheiden ist ein Wohnrecht , das die im Vergleich "schwächste" Form des Nutzungsrechts darstellt. Dieses ist eine besondere Form einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit (§ 1090 BGB), bei der dem Berechtigten lediglich ein Recht zur Mitnutzung gewährt wird. Anders als beim Wohnungsrecht liegt hier also keine Nutzungsbefugnis unter Ausschluss des Eigentümers vor.
b) Rückübertragungsrechte
Zudem haben die Schenker im Rahmen eines Übertragungsvertrages auch die Möglichkeit sich konkrete Rückforderungsrechte vorzubehalten, also Fallgestaltungen festzusetzen, in denen die Grundstücksübertragung rückgängig gemacht werden soll. Typisch sind beispielsweise Rückübertragungsrechte für den Fall, dass über das Vermögen des Beschenkten ein Insolvenzverfahren eröffnet wird oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen stattfinden. Ebenso Rückforderungsrechte z.B. bei nicht abgesprochener Weiterveräußerung durch den Beschenkten, Auflösung einer Ehe oder Wegfall der Geschäftsfähigkeit des Beschenkten. Hier besteht jedoch erhebliche Gestaltungsfreiheit der Vertragsparteien, sodass sich i.d.R. auch individuelle Vorstellungen zu Rückforderungsrechten in den Vertrag aufnehmen lassen.
Der Übertragungsvertrag kann auch mit Verpflichtungen des Beschenkten oder Anrechnungsbestimmungen versehen werden (z.B. Grabpflege, Übernahme Beerdigungskosten, Pflichtteilsverzicht / Pflichtteilsanrechnung der Schenkung).
Die vertraglichen Rückübertragungsrechte lassen sich insoweit auch im Grundbuch durch eine Rückübertragungsvormerkung absichern, was dem Schenker zusätzliche Sicherheit z.B. vor einer unabgesprochenen Weiterveräußerung des Grundstückes durch den Beschenkten verschafft.
c) Gesetzliche Rückübertragungsrechte
Auch das Gesetz sieht einige Regelungen zum Widerruf der Schenkung vor.
Zu nennen ist etwa das Rückforderungsrecht wegen Verarmung des Schenkers (§ 528 Abs. 1 Satz 1 BGB). Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung nicht mehr in der Lage ist, seinen angemessenen Lebensunterhalt zu bestreiten und ihm gesetzlich obliegende Unterhaltspflichten zu erfüllen, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ( §§ 812 ff. BGB) fordern.
Auch im Falle einer schweren Verfehlung des Beschenkten kann die Schenkung widerrufen werden, § 530 Abs. 1 BGB ("grober Undank"). Denkbare Fälle sind z.B. körperliche Angriffe auf den Schenker oder einen nahen Angehörigen, Unterbinden des Nutzungsrechts, u.Ä. Für die Frage, ob eine hinreichend schwere Verfehlung vorliegt, kommt es auf eine Betrachtung des Einzelfalles an.